Beschluss vom 01.10.2025 -
BVerwG 11 VR 12.25ECLI:DE:BVerwG:2025:011025B11VR12.25.1

Erfolgloser Eilantrag gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung nach § 44b EnWG

Leitsätze:

1. Das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung nach § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG dient nicht nur der Ordnung des Verfahrensablaufs, sondern gewährt dem Betroffenen eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition.

2. § 46 VwVfG greift nicht ein, wenn unter Verstoß gegen § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG eine mündliche Verhandlung unterbleibt. Gleiches gilt für Verfahrensfehler bei der Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung, die nach ihrer Art und Schwere deren vollständigem Unterlassen vergleichbar sind.

3. Um der Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes gerecht zu werden, kann nach § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO ein Verfahrensfehler nur dann außer Acht gelassen werden, wenn zu erwarten ist, die Behörde werde nach der Behebung des Verfahrensfehlers im Ergebnis an der Entscheidung festhalten.

4. § 154 Abs. 5 VwGO findet auf den Kostenausspruch über die außergerichtlichen Kosten keine Anwendung.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 50 Abs. 1 Nr. 6, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5, § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80c Abs. 2, § 154 Abs. 1 und 5, § 162 Abs. 3
    BBPlG § 6 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. Nr. 5 und Nr. 5a der Anlage zu § 1 Abs. 1
    VwVfG § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, §§ 46, 67
    EnWG § 44b Abs. 1 und 2
    ZPO § 227
    BRAO § 3 Abs. 3, § 53 Abs. 1 Nr. 2, § 54

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.10.2025 - 11 VR 12.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:011025B11VR12.25.1]

Beschluss

BVerwG 11 VR 12.25

In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 1. Oktober 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Külpmann, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Decker und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wiedmann beschlossen:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.
  2. Dem Antragsgegner wird eine Frist bis zum 13. November 2025 gesetzt, innerhalb derer er eine mündliche Verhandlung nach § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG durchzuführen hat.
  3. Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten je zur Hälfte. Der Antragsteller trägt seine eigenen sowie die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1 150,80 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung in ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück.

2 Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 18. März 2025 stellt den Plan nach § 24 Abs. 1 NABEG für die Errichtung und den Betrieb des sogenannten SuedOstLink (Vorhaben Nr. 5 und 5a der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz - BBPlG) im Abschnitt A2 (Sachsen-Anhalt Süd/​Thüringen Nord) fest. Der Beschluss ist bestandskräftig. Die geplante Leitung nimmt Teile des im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücks Flurstück ..., Flur ..., Gemarkung D., für Erdkabel und Schutzstreifen dauerhaft und für (u. a.) Arbeits- und Lagerflächen vorübergehend in Anspruch.

3 Am 6. Juni 2025 beantragte die beigeladene Vorhabenträgerin die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 18 Abs. 5 NABEG i. V. m. § 44b Abs. 1 EnWG in Teilflächen dieses Grundstücks. Der Antragsgegner lud den Antragsteller mit Schreiben vom 24. Juni 2025, zugegangen am 27. Juni 2025, zur mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2025. Mit E-Mail vom 14. Juli 2025 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers die Verlegung dieses Termins, da er sich zu diesem Zeitpunkt in einem lange im Voraus geplanten Urlaub befände. Der Antragsgegner lehnte mit Schreiben vom 15. Juli 2025 den Verlegungsantrag ab. Der Versuch, eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung im Wege einstweiliger Anordnung zu erreichen, blieb erfolglos (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2025 - 11 VR 5.25 - juris Rn. 7 ff.). Der Bevollmächtigte des Antragstellers nahm daraufhin per E-Mail zum Besitzeinweisungsantrag Stellung.

4 Der Antragsgegner führte die mündliche Verhandlung am 30. Juli 2025 durch. An dieser Verhandlung nahmen weder der Antragsteller noch sein Bevollmächtigter teil. Der Antragsgegner wies die Beigeladene mit Beschluss vom 5. August 2025 antragsgemäß mit Wirkung ab dem 18. August 2025, 0:00 Uhr, in den Besitz eines Teilbereichs des Grundstücks von etwa 1 708 m² dauerhaft und von ca. 3 160 m² vorübergehend ein. Die Besitzeinweisung in die vorübergehend benötigten Teilbereiche endet mit Abschluss der Bauarbeiten, voraussichtlich am 22. Oktober 2025.

5 Der Antragsteller hat gegen den Besitzeinweisungsbeschluss vorläufigen Rechtsschutz beantragt und Klage erhoben. Der Besitzeinweisungsbeschluss sei formell rechtswidrig. Der Antragsgegner habe u. a. den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt, weil er die mündliche Verhandlung trotz des Verlegungsantrags durchgeführt habe. Der Beschluss sei auch materiell rechtswidrig, denn es fehle an einer Weigerung des Antragstellers i. S. v. § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG. Der Beigeladenen sei das Scheitern vorheriger Vertragsverhandlungen anzulasten.

6 Antragsgegner und Beigeladene verteidigen den Besitzeinweisungsbeschluss und beantragen jeweils, den Antrag abzulehnen.

II

7 Über den Antrag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 6 Satz 2 Nr. 1 BBPlG (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 9 ff. und vom 29. Juli 2025 - 11 VR 5.25 - juris Rn. 6).

8 Der gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die nach § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG sofort vollziehbare vorzeitige Besitzeinweisung bleibt erfolglos. Der Antragsgegner muss aber erneut zu einer mündlichen Verhandlung gemäß § 44b Abs. 2 EnWG laden und diese bis zum 13. November 2025 durchführen.

9 Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Das bereits durch die gesetzliche Regelung des § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG betonte öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung überwiegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Maßgeblich für diese Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache, soweit diese bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits absehbar sind. Diese Prüfung ist auf die binnen der Frist des § 44b Abs. 7 Satz 2 EnWG dargelegten Gründe beschränkt. Nach derzeitigem Stand hat die Klage des Antragstellers allein wegen eines Verfahrensfehlers zwar überwiegende Aussichten auf Erfolg (I.), diesen Fehler lässt der Senat indes nach § 80c Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 VwGO außer Betracht (II.).

10 I. Die verfahrens- und materiellrechtlichen Einwände des Antragstellers gegen den Besitzeinweisungsbeschluss bleiben überwiegend erfolglos (1.). Der Antragsgegner wäre aber verpflichtet gewesen, auf den Antrag des Bevollmächtigten die mündliche Verhandlung zu verlegen (2.).

11 1. a) Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller mit seinen Einwänden zur Nichteinhaltung der Sechs-Wochen-Frist des § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG, zur (angeblichen) Befangenheit der Mitarbeiterinnen des Antragsgegners sowie zu etwaigen Begründungsmängeln des Besitzeinweisungsbeschlusses. In der Sache gleichlautende Einwände hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 27. August 2025 - 11 VR 8.25 - (juris) im Verfahren gegen einen anderen, gegenüber dem Antragsteller ergangenen Besitzeinweisungsbeschluss für den SuedOstLink gewürdigt und zurückgewiesen (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2025 ‌- 11 VR 8.25 - juris Rn. 11 ff.). Darauf nimmt der beschließende Senat Bezug. Soweit der Antragsteller auf nachfolgende Verhandlungen mit der Beigeladenen hinweist, die letztere grundlos am 21. August 2025 abgebrochen habe, kommt es hierauf nicht an. Denn maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses ist der Zeitpunkt seines Erlasses (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 7 A 2.23 - BVerwGE 180, 363 Rn. 31).

12 b) Auch die materiell-rechtlichen Einwände des Antragstellers gegen den Besitzeinweisungsbeschluss werden nach summarischer Prüfung erfolglos bleiben.

13 Nach § 44b Abs. 1 Satz 1 und 2 EnWG hat die Enteignungsbehörde den Träger des Vorhabens auf Antrag nach Feststellung des Plans in den Besitz einzuweisen, wenn der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten ist und sich u. a. der Eigentümer weigert, den Besitz eines für den Bau von Erdkabeln im Sinne des § 43 EnWG benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen. Der Planfeststellungsbeschluss muss vollziehbar sein. Diese Voraussetzungen liegen vor.

14 aa) Das im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück wird für den Bau eines Erdkabels im Sinne des § 43 EnWG benötigt. Der vollziehbare Planfeststellungsbeschluss vom 18. März 2025 sieht die Inanspruchnahme des Grundstücks vor.

15 bb) Ein sofortiger Beginn der Bauarbeiten ist im Sinne von § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG geboten. Dies ergibt sich im Einzelnen aus den Erwägungen im Senatsbeschluss vom 27. August 2025 - 11 VR 8.25 - (juris Rn. 21 ff.), der zwischen denselben Beteiligten ergangen ist. Hieran hält der Senat fest.

16 cc) Der Antragsteller hat sich geweigert, der Beigeladenen den Besitz an den benötigten Flächen seines Grundstücks freiwillig zu überlassen.

17 Mit dem Tatbestandsmerkmal der "Weigerung" und dem Vortrag des Antragstellers hat sich der Senat im Beschluss vom 27. August 2025 - 11 VR 8.25 -‌ (juris Rn. 28 f.) befasst. Auch in Ansehung der Ausführungen des Antragstellers in der Anhörungsrüge vom 31. August 2025, die der Senat mit Beschluss vom 23. September 2025 - 11 VR 10.25 - zurückgewiesen hat, sowie in diesem Verfahren, hält er an seiner Auffassung zum Begriff der Weigerung i. S. v. § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG fest. Sie steht im Übrigen im Einklang mit § 150 Abs. 2 BGB. Danach gilt die Annahme eines Angebots unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung mit einem neuen Angebot. Da der Antragsteller das Angebot der Beigeladenen auf Überlassung des Besitzes an den Flächen unter Vorbehalt sämtlicher Entschädigungsansprüche nur unter der Voraussetzung der Regelung einer Vertragsstrafe anzunehmen bereit ist, liegt hierin eine Ablehnung des Angebots und damit eine Weigerung i. S. v. § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG.

18 2. Der Antragsteller beanstandet zutreffend, dass die auf den 30. Juli 2025 angesetzte mündliche Verhandlung hätte verlegt werden müssen. Die Ablehnung des Verlegungsantrags vom 14. Juli 2025 war rechtswidrig (a) und führt auf einen beachtlichen, aber heilbaren Verfahrensfehler (b).

19 a) Ziel der mündlichen Verhandlung ist es, die Sach- und Rechtslage zu erörtern und möglichst eine einvernehmliche Lösung zu finden (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2025 - 11 VR 8.25 - juris Rn. 14). Sie dient insbesondere dazu, etwaige Einwendungen gegen die Besitzeinweisung zu erörtern, und ist der Sache nach eine besondere Form der Anhörung in einem Verwaltungsverfahren. Der Beschluss über die Besitzeinweisung darf erst nach dieser mündlichen Verhandlung ergehen. Das hat seinen Grund auch darin, dass die vorzeitige Besitzeinweisung den zu erwartenden Enteignungsbeschluss teilweise vorwegnimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Dezember 2024 - 11 VR 13.24 - juris Rn. 48; Kümper, UPR 2020, 468 <474 f.> m. w. N.; vgl. zur Parallelvorschrift des § 18f Abs. 2 Satz 1 FStrG: OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Februar 2023 ‌- 1 M 13/23 OVG - NVwZ-RR 2023, 478 Rn. 19). Die mündliche Verhandlung dient deshalb in besonderer Weise der Wahrung der subjektiven Rechte des von der vorzeitigen Besitzeinweisung betroffenen Grundstückseigentümers. Das Fehlen einer ordnungsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung macht einen Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung rechtswidrig (vgl. auch Schaub-Englert, DVBl. 2024, 262 <266>).

20 Bei der Gestaltung des Verfahrens der vorzeitigen Besitzeinweisung hat die Enteignungsbehörde den engen zeitlichen Rahmen zu beachten, den § 44b Abs. 2 und 4 EnWG ihr setzen. Sie muss das Verfahren von Anfang an so organisieren, dass die dort geregelten Fristen eingehalten werden können. Im Rahmen der Verfahrensgestaltung hat die Behörde aber auch den berechtigten Interessen der Betroffenen ausreichend Rechnung zu tragen. Das folgt aus der Rechtsnatur der vorzeitigen Besitzeinweisung als vorgezogener Teil der Enteignung und dem subjektiven Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren. Stellt ein Betroffener in Bezug auf eine bereits angesetzte mündliche Verhandlung einen Verlegungsantrag, hat die Behörde zu prüfen, ob für diesen - in Anlehnung an § 227 ZPO - erhebliche Gründe vorliegen (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Februar 2023 - 1 M 13/23 - NVwZ-RR 2023, 478 Rn. 22; Reimer, in: Schoch/​Schneider, VwVfG, Stand: November 2024, § 67 VwVfG Rn. 29; Sachs/​Kamp, in: Stelkens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 67 Rn. 6). Erhebliche Gründe sind solche, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungsgebots erfordern. Das kann eine geplante Urlaubsreise des als Einzelanwalt tätigen Bevollmächtigten eines Verfahrensbeteiligten sein, insbesondere dann, wenn die betreffende Reise bereits vor der Terminierung gebucht worden war (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 ‌- VII ZR 123/18 - NJW-RR 2019, 695 Rn. 23.). Dass der Verlegungsantrag möglicherweise erst kurzfristig vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird, steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 - VII ZR 123/18 - NJW-RR 2019, 695 Rn. 24 ff.). Eine Grenze bildet der Rechtsmissbrauch. Lehnt die Behörde einen Verlegungsantrag ab, so hat sie dies ausreichend zu begründen.

21 Unter Anwendung vorstehender Grundsätze hätte der Antragsgegner dem Verlegungsantrag entsprechen müssen. In seinem Antrag vom 14. Juli 2025 hatte der Bevollmächtigte des Antragstellers, ein Einzelanwalt in Bürogemeinschaft, unter Schilderung der näheren Umstände ausgeführt, aufgrund einer lange geplanten Urlaubsreise nach Sizilien den Termin nicht wahrnehmen zu können. Damit hat er einen erheblichen Grund für eine Terminverlegung dargelegt. Der Antrag war zwei Wochen vor dem Termin und damit rechtzeitig gestellt worden. Er entsprach einem legitimen Interesse der Antragstellerseite auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Für einen Rechtsmissbrauch fehlte jeder Anhalt. Vielmehr hatte der Bevollmächtigte des Antragstellers für eine mündliche Verhandlung mit den gleichen Beteiligten am 23. Juli 2025 keinen Verlegungsantrag gestellt. Gründe, die bei dieser Sachlage gleichwohl die Ablehnung des Verlegungsantrages hätten rechtfertigen können, hat der Antragsgegner in seinem Schreiben vom 15. Juli 2025 nicht dargetan.

22 Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass eine Änderung des Termins eine erneute förmliche Ladung aller Betroffenen voraussetzt und damit die enge, von § 44b Abs. 2 EnWG vorgegebene Terminkette nicht eingehalten werden könnte. Das überzeugt schon deshalb nicht, weil eine Verlegung und Neuladung nur in Bezug auf den Antragsteller erforderlich gewesen wäre. Es besteht keine Notwendigkeit, eine mündliche Verhandlung mit allen von einer vorzeitigen Besitzeinweisung Betroffenen gemeinsam durchzuführen (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2025 - 11 A 21.24 - juris Rn. 16). Zudem waren vom Eingang des Antrages auf vorzeitige Besitzeinweisung (6. Juni 2025) bis zur Ladung (Schreiben vom 24. Juni 2025) fast drei Wochen vergangen, und der vorgesehene Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2025 lag bereits außerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG. Das von § 44b Abs. 2 EnWG vorgesehene Zeitfenster hätte daher auch ohne eine Terminverlegung aufgrund der zögerlichen Verfahrensdurchführung durch den Antragsgegner nicht eingehalten werden können. Im Übrigen fiel der Termin zur mündlichen Verhandlung in den Zeitraum der Sommerferien. Bei Terminierungen in dieser Zeit musste mit urlaubsbedingten Abwesenheiten von Beteiligten gerechnet werden. Hierauf musste die Enteignungsbehörde bei der Verfahrensgestaltung Rücksicht nehmen.

23 Der Antragsgegner wendet ohne Erfolg ein, das rechtliche Gehör sei nicht zwingend mündlich zu gewähren, sondern die Behörde genüge der Anhörungspflicht, wenn sie den Beteiligten Gelegenheit gebe, sich schriftsätzlich zu äußern. Denn § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG verlangt die Anhörung gerade in Form einer mündlichen Verhandlung. Ferner trifft es zwar nach § 44b Abs. 2 Satz 6 EnWG zu, dass auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten die mündliche Verhandlung durchgeführt und ein Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung erlassen werden kann. Diese Möglichkeit besteht indessen nur im Interesse einer - mit Blick auf die engen Fristen des § 44b Abs. 2 EnWG - zügigen Durchführung des Verfahrens, wenn Beteiligte zwar ordnungsgemäß geladen wurden, zur mündlichen Verhandlung aber nicht erschienen sind. Die Norm gibt der Enteignungsbehörde keine Befugnis, sich im Falle der Verhinderung eines Beteiligten über einen gestellten und mit erheblichen Gründen versehenen Verlegungsantrag hinwegzusetzen.

24 Dem Antragsteller kann auch nicht entgegengehalten werden, sein Bevollmächtigter habe infolge seiner Verhinderung einen Vertreter bestellen müssen, der die mündliche Verhandlung hätte wahrnehmen können. Auf diesen Umstand hat der Antragsgegner die Ablehnung der Terminverlegung nicht gestützt. Auch wenn für den Bevollmächtigten des Antragstellers aus § 53 Abs. 1 Nr. 2 BRAO eine Pflicht bestanden hätte, einen Vertreter zu bestellen, wäre es dem Antragsteller nicht zumutbar gewesen, sich von diesem vertreten zu lassen. § 54 BRAO regelt den Umfang der Pflichten der Vertretung nur im Grundsatz. Einzelheiten des Vertretungsverhältnisses lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen und müssen durch die beteiligten Rechtsanwälte vereinbart werden (vgl. Scharmer, in: Hartung/​Scharmer, BORA/FAO, 8. Aufl. 2022, § 54 BRAO Rn. 10; VGH Mannheim, Beschluss vom 28. Februar 2025 - A 13 S 959/24 - NVwZ-RR 2025, 359 Rn. 9 f.). Im Übrigen vertritt der Bevollmächtigte den Antragsteller schon seit Jahren in diversen Verhandlungen und Verfahren in Bezug auf die Inanspruchnahme seiner Grundstücke gegenüber der Beigeladenen. Das dabei gewonnene Hintergrundwissen kann sich ein Vertreter nicht innerhalb eines Zeitraums von wenigen Wochen verschaffen. Zudem handelt es sich bei einem Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nach § 44b EnWG um eine Sondermaterie, deren Erarbeitung zusätzliche Zeit in Anspruch nimmt. Der hieraus resultierende Aufwand steht in keinem Verhältnis zu einer verhältnismäßig kurzen Verlängerung des Besitzeinweisungsverfahrens. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - die zeitlichen Vorgaben des § 44b Abs. 2 EnWG schon deshalb nicht gewahrt werden, weil die Enteignungsbehörde das Verfahren zu zögerlich betrieben hat.

25 Schließlich führt auch der Hinweis der Beigeladenen auf § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 27c Abs. 1 VwVfG nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Antragsgegner hat die mündliche Verhandlung nicht durch eine der dort genannten digitalen Alternativen ersetzt, sondern eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

26 b) Der Verfahrensfehler ist beachtlich (aa), aber heilbar (bb).

27 aa) Der Verfahrensfehler ist nicht nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 46 VwVfG unbeachtlich. Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften (u. a.) über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Norm findet auf vorzeitige Besitzeinweisungen Anwendung (BVerwG, Beschluss vom 27. Dezember 2024 ‌- 11 VR 3.24 - juris Rn. 15 <Befangenheit>). Verfahrensfehler von geringerem Gewicht misst die Rechtsprechung daher zutreffend am Maßstab des § 46 VwVfG (etwa: VGH München, Beschluss vom 20. September 2021 - 8 AS 21.40031 - juris Rn. 17 <Ladung nur des Antragstellers>; VGH Mannheim, Urteil vom 19. Januar 2017 - 5 S 301/15 - DVBl. 2017, 507 <508> <Umfang der übersandten Unterlagen>; OVG Bremen, Beschluss vom 29. Juli 2022 - 1 B 82/22 - juris Rn. 14 <Ladungsfrist>). Die hier erfolgte Ablehnung des Antrags auf Terminverlegung war indes ein Verfahrensfehler von solchem Gewicht, dass auf ihn § 46 VwVfG keine Anwendung findet.

28 (1) § 46 VwVfG, hier i. V. m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA, greift nach Auffassung des beschließenden Senats nicht ein, wenn unter Verstoß gegen § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG eine mündliche Verhandlung unterbleibt. Das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung dient nicht nur der Ordnung des Verfahrensablaufs, sondern gewährt dem Betroffenen eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 1982 ‌- 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 <331 f.>; Sachs, in: Stelkens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 46 Rn. 29; Schemmer, in: Bader/​Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 68. Edition, Stand: Juli 2025, § 46 Rn. 26; Emmenegger, in: Mann/​Sennekamp/​Uechtritz, VwVfG, 3. Aufl. 2025, § 46 Rn. 111). § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG ist insoweit eine nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 VwVfG dem § 46 VwVfG entgegenstehende Rechtsvorschrift. Eine vorzeitige Besitzeinweisung, die ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist auf eine Anfechtungsklage des Betroffenen unabhängig von ihrem Inhalt aufzuheben.

29 Allerdings ordnet der Wortlaut diese Rechtsfolge nicht an. Auch die Gesetzgebungsmaterialien zum Energiewirtschaftsgesetz geben nicht den Ausschlag. Sie verweisen insoweit allein auf die "Kernvorschriften aus dem gemeinsamen Bestand des Verkehrswegeplanungsrechts" (BT-Drs. 16/54 S. 40); dort hielt der Gesetzgeber die Regelung der vorzeitigen Besitzeinweisung als eine "eingehendere Verfahrensregelung aus rechtsstaatlichen Gründen" für geboten. Die mündliche Verhandlung diene dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (BT-Drs. 7/1265 S. 24). Der Anspruch auf mündliche Verhandlung als eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition folgt aber aus Systematik und Ziel der Regelung. Die mündliche Verhandlung ist eine besondere Form der Anhörung im Verwaltungsverfahren (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2027 - 11 VR 8.25 - juris Rn. 14). Der Gesetzgeber weicht vom Regelfall des § 28 Abs. 1 VwVfG deutlich ab, der eine formfreie Anhörung genügen lässt (Kallerhoff/​Mayen, in: Stelkens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 28 Rn. 44). Er lässt - anders als nach § 67 Abs. 2 VwVfG - eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zu. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung entspricht zudem den Anforderungen in anderen Fachplanungsgesetzen (§ 18f Abs. 2 Satz 1 FStrG, § 21 Abs. 2 Satz 1 AEG, § 20 Abs. 2 Satz 1 WaStrG) und Verfahrensregelungen über Enteignungen in anderen Zusammenhängen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 BauGB, § 24 Abs. 1 Satz 1 EnteigG LSA). Die mündliche Verhandlung ist das wichtigste Verfahrenselement der vorzeitigen Besitzeinweisung (Dünchheim, in: ders., FStrG, 7. Aufl. 2026, § 18f Rn. 21). Die mit der mündlichen Verhandlung geforderte besondere Förmlichkeit der Anhörung steht in auffälligem Gegensatz zur materiell-rechtlichen Regelung über die vorzeitige Besitzeinweisung. Die Enteignungsbehörde trifft eine gebundene Entscheidung, deren tatbestandliche Voraussetzungen das Gesetz nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG auf wenige, vergleichsweise leicht zu prüfende Umstände - Geboten-Sein des sofortigen Beginns, Weigerung des Eigentümers, Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses - beschränkt. Die mündliche Verhandlung ist zudem ein Gegengewicht zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 44b EnWG im Übrigen, die auf eine zügige Besitzeinweisung des jeweiligen Vorhabenträgers gerichtet sind und damit dessen Interessen dienen (vgl. § 44b Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 6, Abs. 4 Satz 1 und 3 EnWG). Schließlich dient die mündliche Verhandlung auch dem Ziel, möglichst eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten zu finden (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2027 ‌- 11 VR 8.25 - juris Rn. 14). Dieser Bedeutung der mündlichen Verhandlung würde es nicht gerecht, auf das vollständige Unterlassen einer mündlichen Verhandlung § 46 VwVfG anzuwenden und damit eine Aufhebung der als gebundene Entscheidung ausgestalteten Besitzeinweisung im Ergebnis regelhaft auszuschließen.

30 (2) § 46 VwVfG findet auch auf solche Verfahrensfehler bei Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung keine Anwendung, die nach ihrer Art und Schwere deren vollständigem Unterlassen vergleichbar sind. Ein solcher Verfahrensfehler ist dem Antragsgegner unterlaufen.

31 Nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Behörde nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 1 VwVfG an ihn wenden. Nach § 3 Abs. 3 BRAO hat jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (u. a.) das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl vor Behörden vertreten zu lassen. Dieses Recht dient der effektiven Wahrnehmung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, stellt Waffengleichheit zwischen der Behörde und dem Betroffenen her und verwirklicht das Gebot eines fairen Verfahrens (Dombert, in: Mann/​Sennekamp/​Uechtritz, VwVfG. 3. Aufl. 2025, § 14 Rn. 8; Schmitz, in: Stelkens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 14 Rn. 1 f.). Dieses Recht hat im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung besonderes Gewicht: Der Betroffene sieht sich der Behörde und dem Vorhabenträger gegenüber. Sowohl die Behörde als auch der Vorhabenträger verfügen typischerweise über überlegene Sachkunde und rechtliche Kenntnisse. Diese beziehen sich auf einen Rechtsvorgang - die vorzeitige Besitzeinweisung –, über die beim Betroffenen regelmäßig nicht einmal laienhafte Vorstellungen bestehen. Noch weniger wird allein der Betroffene in der Lage sein, an einer einvernehmlichen Lösung mitzuwirken, die seine Interessen angemessen wahrt. Führt der Verfahrensfehler der Behörde - wie hier - dazu, dass der Betroffene gegen seinen Willen die mündliche Verhandlung ohne den von ihm gewählten Bevollmächtigten wahrnehmen muss, ist dieser Fehler daher nach Art und Schwere dem vollständigen Unterlassen einer mündlichen Verhandlung vergleichbar.

32 An diesem Ergebnis ändert nichts, dass der Antragsgegner nur eine Woche zuvor in einem weitgehend gleich liegenden Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers mündlich verhandelt hat. Die jeweiligen Verwaltungsverfahren sind rechtlich selbständig. Der Antragsgegner hat insoweit selbst von einer - verfahrensökonomisch naheliegenden - gemeinsamen Verhandlung oder jedenfalls Verhandlung am gleichen Tag abgesehen. Daran muss er sich festhalten lassen.

33 bb) Der dargestellte Verfahrensfehler ist indessen heilbar. Für eine nach § 67 VwVfG unterbliebene oder fehlerhaft durchgeführte mündliche Verhandlung ist anerkannt, dass diese gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG nachgeholt werden kann (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1983 - 1 C 13.81 - NVwZ 1984, 578 <579>; Reimer, in: Schoch/​Schneider, VwVfG, Stand: November 2024, § 67 Rn. 27; Sachs/​Kamp, in: Stelkens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 67 Rn. 33 ff.). Für die von § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG vorausgesetzte mündliche Verhandlung kann aufgrund der Nähe des Verfahrens zum förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 63 ff. VwVfG; vgl. auch Schaub-Englert, DVBl. 2024, 262 <266>) nichts anderes gelten (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Februar 2023 - 1 M 13/23 - NVwZ-RR 2023, 478 Rn. 23). Dem entsprechend kann eine ordnungsgemäße, ihre Funktion erfüllende mündliche Verhandlung vom Antragsgegner noch mit heilender Wirkung bis zum Abschluss des gegenwärtig beim Senat anhängigen Hauptsacheverfahrens nachgeholt werden.

34 II. Der Senat lässt den Mangel der fehlerhaft durchgeführten mündlichen Verhandlung nach § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO außer Betracht.

35 § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt nach § 80c Abs. 1 Satz 1 VwGO in diesem Verfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. § 80c Abs. 2 Satz 5 VwGO schließt die Geltung des Satz 1 nicht aus, weil kein Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 UmwRG vorliegt.

36 Nach § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht einen Mangel des angefochtenen Verwaltungsakts außer Acht lassen, wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird. Ein solcher Mangel kann nach § 80c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VwGO eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften sein. Der Wortlaut der Norm deutet an, dass für die Prognose des Gerichts allein die Fehlerbehebung und damit die Durchführung eines fehlerfreien Verwaltungsverfahrens in den Blick zu nehmen ist. Das reicht jedoch nicht aus. Um der Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes gerecht zu werden, muss die Prognose über die Behebung des Verfahrensfehlers die Erwartung einschließen, die Behörde werde bei einer Heilung des Fehlers im Ergebnis an der Entscheidung festhalten. Denn die jeweilige Infrastrukturmaßnahme wird nur beschleunigt, wenn - nach dem Maßstab der Offensichtlichkeit - bereits abzusehen ist, dass nach fehlerfreier Durchführung des Verfahrens das Ergebnis des angefochtenen Verwaltungsakts bestätigt wird (BVerwG, Beschluss vom 26. April 2023 ‌- 4 VR 6.22 - juris Rn. 42).

37 Es ist nach derzeitiger Sach- und Rechtslage offensichtlich, dass nach einer erneuten, fehlerfrei durchgeführten mündlichen Verhandlung der Antragsgegner am Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung festhalten wird. Das vorliegende Verfahren liefert - mit Ausnahme der fehlerhaften Durchführung der mündlichen Verhandlung - keine Anhaltspunkte dafür, dass der Besitzeinweisungsbeschluss vom 5. August 2025 nach seinem Inhalt rechtswidrig sein könnte. Vielmehr dürfte der Antragsgegner verpflichtet sein, die Beigeladene nach § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG in den Besitz einzuweisen. Der Senat kann zwar nicht ausschließen, dass die Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung eine einvernehmliche Lösung erzielen und es eines Besitzeinweisungsbeschlusses nicht mehr bedarf. Darauf kommt es aber für die von § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO geforderte Prognose nicht an. In dieser Situation hält der Senat es entsprechend § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO für interessengerecht, den Eilantrag abzulehnen, aber auf eine verfahrensfehlerfreie Entscheidung hinzuwirken.

38 Zur Nachholung der mündlichen Verhandlung setzt der Senat dem Antragsgegner gemäß § 80c Abs. 2 Satz 3 VwGO eine Frist bis zum 13. November 2025. Er hat sich dabei an der Sechs-Wochen-Frist des § 44b Abs. 2 Satz 1 EnWG orientiert. Verstreicht die Frist, ohne dass der Mangel behoben worden ist, gilt nach § 80c Abs. 2 Satz 4 VwGO der § 80 Abs. 7 VwGO entsprechend. Mit Blick auf das anhängige Hauptsacheverfahren BVerwG 11 A 16.25 obliegt es im Übrigen den Beteiligten, den Senat zeitnah über die durchgeführten Verfahrensschritte zu informieren.

39 III. Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 154 Abs. 5 und Abs. 3 VwGO.

40 Die außergerichtlichen Kosten trägt der Antragsteller nach § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig nach § 162 Abs. 3 VwGO, weil diese einen Antrag gestellt, sich hiermit einem Kostenrisiko ausgesetzt und in der Sache obsiegt hat. § 154 Abs. 5 VwGO findet insoweit keine Anwendung, weil die Norm auf die Gerichtskosten beschränkt ist (Köhler, in: Posser/​Wolff/​Decker, BeckOK VwGO, Stand 1. Juli 2025, § 80c VwGO Rn. 14; Wysk, in: Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 154 VwGO Rn. 20; Bier/​Bick, NVwZ 2023, 457 <460>). Der Wortlaut der Norm ("Gerichtskosten") ist eindeutig und erstreckt sich nicht - wie § 154 Abs. 1 VwGO - auf die Kosten des Verfahrens, sondern nur auf einen Teil dieser Kosten (vgl. § 162 Abs. 1 VwGO). Auch die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 20/5570 S. 19) sprechen von Gerichtskosten. Der Senat teilt daher die in der Literatur (vgl. Zimmermann-Kreher, in: BeckOK VwGO, Posser/​Wolff/​Decker a. a. O. § 154 Rn. 16; R.-P. Schenke, in: Kopp/​Schenke, VwGO, 31. Aufl. 2025, § 80c Rn. 15; Hug, in: Kopp/​Schenke, a. a. O., § 154 Rn. 13; Scheffczyk, NordÖR 2023, 177 <179>; Siegel, NVwZ 2023, 462 <464>; Schoch, NVwZ 2024, 1529 <1534>; Schaks, in: Sodan/​Ziekow, VwGO, 6. Aufl. 2025, § 154 Rn. 88) vertretene Rechtsauffassung nicht, die Beschränkung des § 154 Abs. 5 VwGO auf die Gerichtskosten sei ein Redaktionsversehen und die Vorschrift auf die Kosten des Verfahrens insgesamt zu erstrecken.

41 Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich an Nr. 34.2.4 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.